Berlin. Eine unangenehme Wanze hat sich an Zyperns Stränden niedergelassen. Die giftigen Zehenbeißer sind lästig und schmerzhaft.

Jedes Jahr machen rund vier Millionen Menschen Urlaub auf Zypern. Die Mittelmeerinsel lockt mit altertümlichen Klöstern, Königsgräbern und dem Olympus-Berg. Als größter Touristenmagnet gelten aber die zahlreichen goldenen Strände und das azurblaue Wasser in den Buchten der Insel. Gerade dort droht dem bei deutschen Urlaubern beliebten Reiseziel aber Ungemach. Ein unappetitlicher Eindringling hat sich in den küstennahen Wasserstellen eingenistet. Die giftigen Riesenwanzen haben einen Ruf als „Zehenbeißer“ und können unangenehme Bissmahle hinterlassen. Doch wie es die Riesenwanze über das Meer geschafft hat, ist ein Rätsel.

Die gute Nachricht vorab: Für Menschen stellen die Riesenwanzen keine Gefahr dar. Zwar besitzen sie Drüsen, mit denen sie ihre Beute vergiften können, für die Wanze ist der Mensch als Opfer allerdings eindeutig zu groß. Dennoch weichen die Wanze nicht unbedingt zurück, wenn man auf sie trifft.

Auf der Speisekarte der bis zu 12 Zentimeter langen Sechsbeiner befinden sich neben Fischen, Molchen, Schildkröten und Krabben sogar kleine Vögel. Was in ihre Fänge gerät, erhält einen schmerzhaften Stich und eine giftige Injektion. Die zur Strecke gebrachte Beute wird durch das Toxin zersetzt und von der Riesenwanze wie durch einen Strohhalm ausgesaugt. Ein ähnliches Schicksal bleibt Menschen erspart – allerdings kann der Stich von Lethocerus patruelis intensiven Schmerz auslösen.

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Giftig, aggressiv und ein Eindringling: Macht sich die Riesenwanze in Zypern breit?

Schlechte Nachrichten also für die Fauna in Ufernähe. Wie die Riesenwanzen die rund 300 Kilometer offenes Meer überbrückt haben, die Zypern von der türkischen Küste trennen, ist aber völlig unklar. Die Insekten der Familie Lethocerus tauchen eigentlich in Europa überhaupt nicht auf. Ihr Lebensraum befindet sich vorwiegend im arabischen und afrikanischen Raum und die Wanze sind vor allem in Israel, der Türkei und Ägypten ein weit verbreitetes Ärgernis. Dort lauern sie in Süßwassern, ob fließend oder stehend, auf Beute. Gut möglich, dass die Spezies auch ins Landesinnere vordringt.

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Die Riesenwanze lauert in Süßwassergefilden auf Beute.
Die Riesenwanze lauert in Süßwassergefilden auf Beute. © picture-alliance / OKAPIA KG, Germany | Joe McDonald

Schwer vorstellbar ist, dass sich die gewaltigen Insekten als blinde Passagiere in das Gepäck von Reisenden einnisteten, um auf Zypern eine neue Heimat zu finden. Auf eine andere Theorie ist ein weiterer Spitzname der „Zehenbeißer“ ein Hinweis. Die im Englischen auch als „electric light bugs“ bekannte Spezies könnte durch die Lichter einer Hafenstadt angelockt und durch günstige Luftströmungen nach Zypern gelangt sein.

Zypern: Invasiver „Zehenbeißer“ ärgerlich für Menschen, tödlich für Fische, Vögel und Schildkröten

Aufmerksamkeit hatten die langgliederigen Räuber zunächst bei ortsansässigen Schwimmer erregt. Die ersten Exemplare der invasiven Art waren 2021 wegen ihrer fremdartigen Gestalt und der gigantischen Dimensionen aufgefallen. Bedroht ist nun die zyprische Biodiversität, denn Eindringlinge aus fremden Biotopen bergen immer eine Gefahr. Ob sich der Eindringling nachhaltig durchsetzen kann, bleibt noch abzuwarten, denn das mediterrane Klima könnte sich als problematisch herausstellen für die in tropischen und subtropischen Gefilde heimischen Riesenwanzen.

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Aus der Not eine Tugend gemacht. In Thailand ist die Riesenwanze Zutat vieler traditioneller Gerichte.
Aus der Not eine Tugend gemacht. In Thailand ist die Riesenwanze Zutat vieler traditioneller Gerichte. © picture alliance / CPA Media Co. Ltd | David Henley

Biologen schlagen jedenfalls Alarm. „Zyprer sollten ihre Augen offen und die Zehen aus dem Wasser halten“, warnt Michael Hadjiconstantis von der Universität von Zypern in einem Wissenschafts-Blog. Der Biologe hat mit seinem Team den Hilferuf von Anwohnern aufgenommen und eine Studie erstellt, die sich mit der invasiven Art auseinandersetzt. Mithilfe sozialer Medien trugen die Wissenschaftler Fundorte zusammen und konnten sich so ein Bild der Lage machen.

Gemeinsam mit den beiden Exemplaren, die die Biologen in einem Sumpfgebiet einfangen konnten, gibt es bisher nur sieben dokumentierte Sichtungen in Zypern. Angesichts der gigantischen Ausmaße des Insekts und der reichhaltigen Jagdgründe rechnet Hadjiconstantis allerdings mit einer größeren Resonanz in den kommenden Jahren.